Ein Bienenvolk besteht typischerweise aus einer Königin, Immen und Drohnen.
Die Bienenkönigin (oder Weisel)
Es gibt nur eine Königin in jedem Volk! Diese hat die Aufgabe, Eier zu legen und dadurch für Nachkommen zu sorgen, die den Fortbestand des Volkes sichern helfen. Eine Königin wird aufgezogen, indem die Bienen ein befruchtetes Ei mit Gelee Royal füttern. Die Grundlage (= befruchtetes Ei) ist für die Nachzucht von Immen (= weibliche Bienen) und Königinnen also die gleiche. Die Entscheidung, ob eine Königin oder eine Imme nachgezogen wird, trifft allein das Volk (Ein Beispiel für Schwarmintelligenz!). Eine Königin schlüpft aus einer Weiselzelle nach 16 Tagen. Ca. eine Woche nach ihrer Geburt mit Erreichen der Geschlechtsreife fliegt die Königin zum Hochzeitsflug aus. Sie sucht sich einen sog. Drohnensammelplatz, an dem sie von ca. 10 bis 15 Drohnen begattet wird. Damit hat sie dann einen Spermienvorrat, der es ihr ermöglicht, für 3 – 5 Jahre in der Spitze 2.500 – 3.000 Eier pro Tag (das ist gewichtsmäßig mehr als ihre eigenes Körpergewicht!) zu legen. Ca. eine Woche nach ihrer Rückkehr beginnt sie mit der Eiablage und sorgt so für den Nachwuchs im Volk.
Hier kann man auf der Wabe Weiselzellen sehen, die die Bienen nachgezogen haben.
Eine Bienenkönigin wird vom Volk nachgezogen, wenn:
- die bisherige Königin ums Leben gekommen ist. Das Volk versucht dann aus einer Eizelle eine neue Königin zu ziehen und so den Fortbestand zu sichern.
- die Legeleistung der bisherigen Königin hinter den Erwartungen des Volkes zurück bleibt. Ein paar Tage bevor die junge Königin schlüpft wird die alte Königin eliminiert.
- Das Bienenvolk unter Platzmangel leidet. Ein paar Tage, bevor die junge Königin schlüpft, verlässt die alte Königin mit ca. der Hälfte des Volkes die Bienenbehausung; hier handelt es sich um einen Bienenschwarm, der sich dann eine neue Bleibe sucht.
Hier haben wir eine begattete Bienenkönigin gezeichnet, die bereits in Eilage getreten ist. Dies geht am besten zu zweit, mit einem Fangröhrchen und einem speziellen Farbstift ( in diesem Fall „grün“, weil in 2019 geboren… ). Es kommen für die farbliche Kennzeichnung 5 Farben zum Einsatz. 2020 = blau, 2021 = weiß, 2022 = gelb, 2023 = rot und 2024 wieder grün.
Immen (Weibliche Bienen/Arbeitsbienen)
Immen werden binnen 21 Tagen aus einem befruchteten Ei herangezogen. Sie sind altersmäßig gestuft in Arbeitsteilung für die Brutpflege, die Reinhaltung des Bienenstocks, die Beschaffung von Nektar und Pollen und die Qualitätssicherung des Honigs zuständig. Sie verarbeiten den Nektar zu Honig und lagern ihn so ein, dass er haltbar wird und als Wintervorrat geeignet ist. Dabei kommt es insbesondere auf den Wassergehalt des Honigs an. Die Qualität des Nektars wird gesteuert, indem gestützt auf eine Qualitätssicherung im Eingangsbereich des Bienenstocks entschieden wird, welche Trachtquelle bevorzugt angesteuert wird. Die Lebenserwartung von Immen unterscheidet sich je nachdem, ob sie im Frühjahr oder im Spätsommer geboren werden. Im Frühjahr werden sie durch die Beschaffung von Nektar und Pollen sowie die Brutpflege so stark belastet, dass ihre Lebenserwartung nur ca. 7 Wochen beträgt. Im Spätsommer werden ab August die sog. Winterbienen herangezogen, die nur noch für die Brutpflege und die sichere Überwinterung der Königin zuständig sind. Die Belastung ist für sie bei weitem nicht so groß. Sie leben ungefähr bis März, bis die Königin genug Eier gelegt hat, dass die neue Generation der Bienen die Arbeit übernehmen kann.
Drohnen (Männliche Bienen)
Drohnen werden von März bis Juli herangezogen. Sie schlüpfen nach 23 Tagen aus einem unbefruchteten Ei und haben nur die Aufgabe, Jungköniginnen zu begatten. Bei dem Geschlechtsakt sterben sie, weil sie ihre Geschlechtsteil verlieren und zu Boden stürzen. Sobald die Paarungszeit im Spätsommer abgelaufen ist, werden die Drohnen von den Immen als unnütze Esser aus dem Bienenstock geworfen, man spricht dann von der sog. Drohnenschlacht.
Das Bienenvolk in seiner Gesamtheit ( Der „Bien“)
In der Literatur gibt es gelegentlich eine Diskussion darüber, was als Lebewesen zu betrachten ist: Das Bienenvolk insgesamt oder die einzelnen Individuen. Fakt ist, dass weder die Bienenkönigin, noch die Immen oder die Drohnen alleine überlebensfähig wären. Insofern habe ich durchaus Sympathie dafür, das Bienenvolk als Lebewesen zu betrachten. Dabei fasziniert mich insbesondere, wie ich die Schwarmintelligenz erlebe. Das Bienenvolk entscheidet in seiner Gesamtheit, wie verfahren werden soll. Es gibt niemanden – schon gar nicht die Königin! – der den Taktstock schwingt. Es sind die Immen, die die maßgeblichen Entscheidungen treffen. Sie entscheiden über Wohl und Wehe der Königin, welche Zellen für die Brut von Immen, Drohnen oder Königinnen vorbereitet werden oder ob sich das Volk teilen soll. Die Königin spielt als Individuum zwar die wichtigste Rolle, hat aber keineswegs einen royalen Status. Im Mittelpunkt steht das Wohl des Bienenvolkes, dem ordnen sich die einzelnen Immen selbstlos unter.
Hinzu kommt hinsichtlich der Intelligenz der Bienen ein anderer Aspekt. Abgesehen von der Königin, die – wie gesagt – nicht den Taktstock schwingt, gibt es im Bienenstock keine Biene, die saisontypische Erfahrungen einbringen kann. Die im beginnenden Frühjahr noch vorhandenen Winterbienen haben das vorherige Frühjahr nicht erlebt, sie sind erst im Spätsommer und Herbst auf die Welt gekommen. Auch die im Frühjahr dann schlüpfenden Bienen können kein Erfahrungswissen beisteuern, wie sich das Bienenvolk angepasst an die jeweilige Saison zu organisieren hat. Wie die Bienen es so geschafft haben, sich über Jahrmillionen in der Natur über die verschiedenen Stufen der Evolution hinweg zu behaupten, grenzt für mich an ein Wunder. Ob dies auch in der Zukunft so sein wird, bleibt abzuwarten – eine gewisse Skepsis darf man haben. Das liegt allerdings weniger an mangelnder Intelligenz der Bienen sondern vielmehr an veränderten Umwelteinflüssen, die von den Menschen verursacht werden. Beispielhaft sei hier der gefährliche Einsatz von Pestiziden mit Neonikotinoiden erwähnt. Studien zeigen, dass dadurch der Orientierungssinn der Bienen so stark beeinträchtigt werden kann, dass sie nicht mehr in ihren Stock zurück finden.